Offizieller Arbeitsbesuch in Neu-Delhi – #Tag5

Tag 5 meines Indien-Arbeitsbesuches führte mich nach Rishikesh am heiligen Fluss Ganges, eine bekannte Pilgerstadt am Fuße des Himalaya und Ausgangspunkt zu den heiligen Orten im Garhwal-Gebirge sowie Welthauptstadt des Yoga. Prinz Charles, Madonna und auch die Beatles haben die indische Stadt schon besucht.

Ich traf mich mit Mitgliedern der Lokalverwaltung von Uttarakhand und Kommunalverwaltung von Rishikesh sowie Mitarbeitern der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH zu einem Gespräch über das Wasser- und Abwassersystems der Region.

Wir besuchten ein Armenviertel der Stadt, in welchem mir das Projekt zum Anschluss an die Kanalisation erläutert und gezeigt wurde. Das Ziel ist es, die Slums an das Abwassersystem anzuschließen und somit die Gewässer, vor allem den Fluss Ganges sauber zu halten. Im Rahmen eines landesweiten Reinigungsprojektes, dem „Namami Gange“-Projekt der Modi-Regierung, soll der Fluss zu seinem alten Glanz zurückgeführt werden. Ca. 600 Millionen Menschen entlang des Ganges haben keine Abwasseranbindung. Durch das Projekt wird diese Anbindung nun staatlich unterstützt, allerdings müssen die Inder einen ganzen Monatslohn selbst dazu beisteuern, und dieses Geld haben viele nicht. Deshalb wünscht sich die indische Regierung Unterstützung durch andere Länder, denn die Verunreinigungen sind zu 20% durch die ansässigen Leder- und Pharmaindustrien verursacht. Ungefiltert werden hier täglich hochtoxische und gefährliche Abwässer in den Ganges gespült. Bei einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel auf der Hannover Messe 2015, hatte Indiens Premierminister Narendra Modi um Hilfe gebeten. Deutschland ist mit 120 Millionen Euro über die Entwicklungsbank KfW und der technischen Expertise der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) bei Indiens Reinigungsmission dabei. Aber auch die Erfahrungen der deutschen Flussreinigungen sollten mit Indien ausgetauscht werden.

Unser weiterer Rundgang verschlug uns zu einer riesigen Müllhalde in Mitten der Stadt. Hier hat die Regionalverwaltung mit dem Projekt der Renaturierung begonnen, sodass an dieser Stelle, in spätestens 5 Jahren, ein Naherholungspark entstehen soll.

Beim anschließenden Besuch eines Mülltrennungshofes wurde mir gezeigt, wie in Indien Recycling und Mülltrennung per Handarbeit funktionieren.

Ebenso besuchten wir eine Kläranlage, wo mir zum Abschluss das von Fäkalien gereinigte Wasser des Ganges zur Kostprobe (Trinkwasser) angeboten wurde, worauf ich allerdings verzichtete.

Nächstes Highlight des Tages war der Besuch einer Heilpflanzenplantage für Ayurveda im Himalaya-Staat Uttarakhand, auch „Kräuterstaat“ genannt. Dieses Gebiet ist mit tausenden Arten von Heilpflanzen gesegnet, von denen bisher 320 Arten in Bezug auf ihren medizinischen Wert untersucht wurden. Mehr als 250 Arten von Heil- und Aromapflanzen werden kommerziell gefördert und gehandelt.

Bad im heiligen Fluss

In Indien werden die Zeitzonen der gesamten Welt verschiedenen Pflanzen zugeordnet. Der Banyanbaum ist unter anderem Deutschland zugeordnet. Da dieser Baum, auch Bengalische Feige genannt, heilig ist, werden wir bei unserem Besuch besonders freundlich aufgenommen.

Eine seltene Pflanze, die hier wächst, ist der Amlabaum, auch indische Stachelbeere genannt. Dessen Anzucht ist äußerst schwer, weswegen er auch sehr teuer ist. Diese Pflanzenart ist sehr alt und lässt sich praktisch nicht in unseren Breiten halten. Die wohl einzige Pflanze, die es in Osteuropa gibt, habe ich in Sergijew Possad gesehen, in der Galerie der Mönche. Sie braucht Aufmerksamkeit und reagiert empfindlich auf menschlichen Stress. In Indien ist es üblich, die Stachelbeeren zum Essen in Salzwasser mit Kurkuma einzuweichen, um den sauren Früchten auf diese Weise einen angenehmen Geschmack zu verleihen. Außerdem wird die Amla-Frucht auch zum Glätten der Haare benutzt. Die Indische Stachelbeere ist sehr gut erforscht und ihr werden antivirale und antimikrobielle Eigenschaften nachgesagt.

Allerdings konnte der Staat die Heilpflanzenarten nicht optimal nutzen, sodass die Regierung von Uttarakhand 2004 in Muni Ki Reti Kräutergärten als staatliches Projekt „Dr. Sushila“, zur Förderung der Pflanzen und Entwicklung und Konservierung, angelegt hatte.

Beim Rundgang durch den Garten, kamen wir auch an einem rund angelegten Beet vorbei, in dem die sieben Hauptpflanzen der Körpergewebe (Dhatus) der ayurvedischen Medizin angepflanzt sind. Darunter war auch eine Pflanze, die Desmostachya bipinnata, die meine Geburtspflanze ist. Von der Bedeutung her ist diese mit meinem Sternzeichen vergleichbar.

Durch die Ausbeutung der Wälder und damit Zerstörung des natürlichen Lebensraumes sowie fehlenden Planung kam es zu einem schnellen Rückgang der wertvollen Pflanzen. Daher sind der Erhalt, die nachhaltige Bewirtschaftung, die Entwicklung und der Anbau der Heil- und Aromapflanzen die Schlüssellösung des „Kräuterstaates“, um den biotischen Druck auf den Wald zu verringern und gleichzeitig das wirtschaftliche Wohlergehen der lokalen Gemeinschaften zu steigern. Im Angesicht der Bedrohung für eine Reihe von Heilpflanzen hat die Regierung von Uttarakhand Maßnahmen ins Leben gerufen, die die Sammlung von Heilpflanzen in freier Wildbahn reguliert, um die Artenvielfalt zu schützen. Außerdem soll der Anbau der Heil- und Aromapflanzen gefördert werden, als Schlüssel zur Deckung des Rohstoffbedarfs der AYUSH-Industrie und Exportwachstum. Die Region Uttarakhand kämpft somit für den Erhalt der ökologischen und biologischen Ökosysteme der Region mit Förderung und Vermehrung der Heil- und Aromapflanzen, die Errichtung eines Kompetenzzentrums für die Pflanzen der subtropischen Himalaya-Region als Zentrum für Bildung und Forschung und sowie die Entwicklung eines „Kräuter-Arogya Van“, ein Kräutergarten für Pilger und Besucher. Außerdem stehen die Sicherung der Zukunft der RET-Spezies durch ihre Ex-Situ Erhaltung sowie Kräuterqualität, Qualitätskontrolle und Vermarktung im Vordergrund.

Das heutige Kräutergartengebiet hat eine Größe von über 6 Hektar und wird künftig auf 10 Hektar erweitert werden. Das restliche angrenzende Waldgebiet beträgt 15 Hektar und wird für die Erhaltung der seltenen, gefährdeten und bedrohten Arten, welche von medizinischer Bedeutung sind, genutzt und zum „Nature Learning Center“ entwickelt.

Den Botanischen Schaugarten ist von einem Fußreflexzonen-Trainingspfad mit einer Länge von ca. 166,5 Metern umgeben, welcher aus drei Trainings-Phasen besteht. Im ersten Monat geht man jeden Tag eine Runde auf dem weißen Abschnitt, im zweiten auf dem blauen und im dritten Monat auf dem roten Abschnitt. Diese habe ich auch gleich ausprobiert und musste feststellen, dass das Gehen darauf schwieriger ist, als es aussieht. Nach drei Metern war für mich Schluss. Wer dieses Training konsequent durchhält und alle Abschnitte gegangen ist, ist frei jeglicher Beschwerden.

Als letzter Programmpunkt für diesen Tag besuchten wir eine nichtstaatliche Schule, Internat und Krankenhaus für ca. 300 Leprakranke Kinder. Das Land Indien ist schon immer das Land mit den meisten Lepra-Erkrankten weltweit, so reden wir von ca. 3.000 Kindern die davon betroffen sind. In den besuchten Einrichtungen erhalten die Kinder und Jugendlichen eine Basisausbildung und helfen anderen Lepra-Kranken bei der Versorgung und Bewältigung alltäglicher Dinge. Dank vieler privater Organisationen und Hilfsverbänden gibt es in Indien eine umfassende Lepra-Versorgung.

Herzlichst,
Ihr Dr. Robby Schlund

Von Dehli nach Rishikesh - Impressionen aus Indien