Psychotherapeuten-Ausbildungsreformgesetz

Der Erkenntnisprozess in der Psychologie ist ein fließender und setzt ein hochkomplexes, integratives Verständnis der Funktion, Dynamik und Struktur der Seele voraus. Dieser Erkenntnisprozess ist zusätzlich noch in vergangene, gegenwärtige und visionale Ebenen verwoben.

„Der Psychologe muss Mechaniker sein –  vor, während und nach dem Gespräch.“ Das sagte einmal Walter Fürst. Glauben Sie, dass Sie mit Verkürzung der praktischen Ausbildungen, genau dieser oben erwähnten

  • Komplexizität
  • Integrativität
  • und dem psychotherapeutischen Handwerkszeug

gerecht werden können? Ich glaube das eher nicht. Bleiben wir doch gleich mal bei dem Handwerkzeug, zum Beispiel dem Gespräch. Haben sie sich jemals Gedanken gemacht, wie denn ein Gespräch zwischen zwei Menschen abläuft? Ich werde Ihnen ein kurzes Beispiel erzählen:

Es treffen sich zwei Kinder. Der Vater des einen Kindes ist Pfarrer, das Vater des anderen Kindes ist Tischler. Sie stehen vor einen Tisch und die Sonne scheint. Da sagt das Pfarrerskind; „Die Sonne scheint auf den Tisch“. Des Tischlers Kind sagt; „Der Tisch, auf den die Sonne scheint“.

Wissen Sie, was der Unterschied ist? Der Unterschied ist, dass die Bewertung des Gesprächs völlig unterschiedlich ist. Nun stellen Sie sich vor, wenn solche Differenzen bestehen, wie soll das erst mit unterschiedlichen Sprachniveau geschehen?

Und nun… meine Damen und Herren, wie Sie sehen, ist es gar nicht so einfach, in dieser Mischung, aus nonverbaler Kommunikation und aus verbaler Kommunikation komplexe Krankheitsbilder, wie Psychosen oder Psychische Störungen, zu erkennen.

In einem Ihrer Gesetzentwürfe zum TSVG, Herr Spahn, wurde schon einmal der Vorschlag gemacht, eine „gestufte und gesteuerte Versorgung“ aufgrund der langen Wartezeiten bei Psychotherapeuten einzuführen. Dagegen sprachen sich der Bundesrat sowie ca. 200.000 Unterzeichner einer Petition aus.

Jetzt wird erneut zum Schlag ausgeholt:

Beim „Psychotherapeuten-Ausbildungsreformgesetz“, inklusive dem Thema „koordinierte und strukturierte Versorgung“ kommen Sie, Herr Spahn, durch die Hintertür.

Nicht nur dass, Sie kommen auch wieder mit Reformen zu Lasten von unseren Patienten. Der Spitzenverband ZNS lehnt den Gesetzentwurf mit den Worten ab: „Es werden mit dem Reformansatz keine Probleme gelöst, sondern neue geschaffen.“

Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) verlangt eine „komplette Neuausrichtung des Gesetzesentwurfs“ und auch die Bundesärztekammer spricht von vielen „ungeklärten Fragen“.  Das Ziel, die Attraktivität der Ausbildung zum Psychotherapeuten zu steigern, wird mit dem Gesetzentwurf leider nicht erreicht.

Der eigentliche Grund für die Reform des Ausbildungsgesetzes, ist der Bologna-Prozess, als europaweite Harmonisierung von Studiengängen und Abschlüssen und die damit einhergehende Verschulung und Ökonomisierung der Hochschulausbildung. Es ist die europäische Nivellierung und zwar die, auf dem kleinsten gemeinsamen Niveau. Nicht nur das. Auch der Praxisanteil ist viel zu gering.

Der Bundesrat führt dazu aus: „… im weiteren Gesetzgebungsverfahren sei zu prüfen, wie ein ausreichend großer Praxisanteil in der direkten Versorgung von Patientinnen und Patienten vor der Erteilung einer Approbation gewährleistet werden kann.“

Wir fordern deshalb:

  1. die Erweiterung des Vollzeitstudiums um mind. 1 praktisches Semester
  2. eine schriftliche länderübergreifende einheitliche Prüfung in der auch Facharztkenntnisse überprüft werden.
  3. für nicht deutschsprachige Bewerber eine verpflichtende Sprachprüfung, Sprachniveau C2
  4. als Anwalt der Patienten mehr Patientensicherheit

Vielen Dank.