Lernen von den Nachbarn – Delegationsreise nach Norwegen #Tag1

Im Rahmen einer Delegationsreise des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages besuchen wir aktuell das skandinavische Norwegen, um uns vor Ort über das dortige Gesundheitssystem zu informieren und uns mit den Kollegen auszutauschen.

Die dreitägige Reise begann am 21.05.2019 mit einem Briefing in Oslo, durchgeführt vom Botschafter Herr Alfred Grannas. Norwegen gilt mit seinen ca. 5,5 Millionen Einwohnern als das am weitesten entwickelte Land der Welt (gemäß Uno-Index HDI). Der Lebensstandard und die Zufriedenheit der Bevölkerung sind hoch. Die UN-Liste der Länder mit der höchsten Lebensqualität wird von Norwegen angeführt, gefolgt von der Schweiz, Deutschland befindet sich auf Platz 5. Botschafter Grannas erklärt, dass Norwegen ein sehr guter Partner für Deutschland ist, da oftmals die selben Ansichten der Dinge bestehen. Das skandinavische Land probiert gern neue Dinge aus und interessiert sich für den Fortschritt der Technologie. Allerdings bestehen einige Defizite im Bereich des Datenschutzes.

Die norwegische Regierung, eine Mehrheitsregierung, bestehend aus einer Koalition von Christdemokraten, Konservativen (Høyre), der rechtspopulistischen Fortschrittspartei (FrP) und der Liberalen Partei (Venstre),  verfolgt eine ähnliche Strategie wie Deutschland und hat sich als Ziel eine nachhaltige Wohlfahrtsgesellschaft, den Kampf gegen den Klimawandel, Steuersenkungen für kleine und mittlere Unternehmen, Unterstützung der Familien und Stärkung der inneren Sicherheit gesetzt.

Norwegen beabsichtigt mit seiner Deutschlandstrategie die bilateralen Kontakte, vor allem in den Bereichen Energie, Klima und Umwelt, zu intensivieren. Eine Stärkung der Kooperation in Bezug auf Technologie und Innovation sowie der Austausch und die Zusammenarbeit der deutschen und norwegischen Wissenszentren spielen dabei eine entscheidende Rolle.

Nach dem interessantem Informationsgespräch besuchten wir das norwegische Ministerium für Gesundheit und Pflege. Es begrüßte uns Herr Petter Øgar. Er berichtete über das norwegische Gesundheitssystem, welches als staatliches System durch das Ministerium für Gesundheit und Pflege gestaltet und überwacht wird. Demzufolge erfolgt die Finanzierung zu ca. 85% aus Steuergeldern. Kosten für die primäre Versorgung müssen von den norwegischen Bürgern selbst gezahlt werden. Das betrifft u.a. Hausarztbesuche, ca. 36 % Eigenanteil pro Rezepte sowie die Kostenübernahme für Physiotherapie und Zahnarztbehandlungen.

Die Selbstbeteiligung der Bürger an den Arztkosten beträgt maximal 250 € pro Jahr und insgesamt kann von einer guten Volksgesundheit in Norwegen gesprochen werden. So ist die Lebenserwartung innerhalb der letzten 20 Jahre ständig gestiegen. Frauen werden im Schnitt 83 Jahre alt, bei Männern liegt die Lebenserwartung bei 78 Jahren. Die gestiegene Lebenserwartung ist vor allem auf verbesserte Hygiene, Impfprogramme und besseren Zugang zu Arzneimitteln zurückzuführen. Die hohe Lebensqualität hat allerdings zur Folge, dass die Gesellschaft altert und damit psychische Erkrankungen oder Demenzkrankheiten zunehmen.

Die skandinavischen Länder sind im Gesundheitsbereich immer wieder Positivbeispiele. In Norwegen liegt die sogenannte Arzt-Patienten-Quote im Hausarztbereich bei 1:1100 und jede Person ist aufgrund des vorherrschenden Hausarztsystems bei einem Hausarzt eingetragen. Ca. 90% der Hausärzte arbeiten freiberuflich, benötigen dazu eine Praxiszulassung von der zuständigen Gemeinde und diese wiederum garantiert ein Basisgehalt. Zu diesem kommen monatlich Kopfpauschalen pro Patient, Einzelleistungsvergütungen sowie die Patienteneigenanteile hinzu.

Beim anschließenden Besuch der staatlichen Behörde für E-Health, dem Steuerungsdirektorat, welches Anfang 2016 gegründet wurde, erklärt man uns, wie nationale Lösungen im IT-Bereich durch diese Behörde besser organisiert und verwaltet werden sollen. Über eine E-Health-Plattform wird es Patienten ermöglicht, auf ihre Krankenakte zugreifen zu können und einzuschränken, wer die sensiblen Daten einsehen darf.

Zum Abschluss des Tages besuchte die Delegation des deutschen Gesundheitsausschusses das norwegische Parlament Stortinget und führte ein Gespräch mit dem Vorsitzenden des Ausschusses für Gesundheit und Pflege, Geir Jørgen Bekkevold. Auch hier steht man einer Zusammenarbeit mit Deutschland sehr positiv gegenüber.