Ergebnisse der Honorarverhandlungen 2020 sind ein schlechter Scherz

Die diesjährige Honorarverhandlung zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und dem GKV-Spitzenverband  über die Honorarhöhe niedergelassener Ärzte und Psychotherapeuten ist abgeschlossen. Das Resultat: eine Steigerung der Arzthonorare um ca. 565 Millionen Euro.

Klingt gut? Aber nur auf den ersten Blick! Denn rechnen wir das mal runter auf den jeweiligen Orientierungspunktwert, liegt die Steigerung bei gerade mal 1,52 Prozent, zum Vergleich: die Entwicklung des monatliche Bruttolohns liegt bei 2,2 Prozent pro Jahr. Bei den circa 101.000 Arztpraxen im Land macht das eine Mehreinnahme von ca. 466 € aus. Im Gegensatz dazu stehen stetig steigende Praxiskosten, zum Beispiel durch die Digitalisierung und die Telematikinfrastruktur.

Der Vorsitzende des Hartmannbundes Dr. Jörg Müller (Augenarzt aus Gera) kritisiert diese Verhandlungsergebnisse scharf: „Das jetzige System der Honorierung von Ärzten durch die gesetzlichen Krankenkassen hat keinerlei Leistungsbezug mehr und wirkt sich somit im Verbund mit Pauschalisierungen und Budgetierungen versorgungs- und leistungsfeindlich aus.“

Die niedergelassenen Ärzte in Deutschland müssen das Recht haben, ihren Beruf in Deutschland uneingeschränkt auszuüben. Die Budgetierung grenzt die vertraglich zugesicherte freie Berufsausübung unzulässig und zu Lasten der Patienten ein. Deshalb muss eine ausschließlich ökonomisch begründete Einschränkung der Therapiefreiheit des Arztes sofort außer Kraft gesetzt werden. Deshalb fordere ich im Rahmen meiner Tätigkeiten als Mitglied im Gesundheitsausschuss in Berlin zusammen mit meinen Kollegen, alle Maßnahmen zur Abschaffung der Budgetierung für Ärzte unverzüglich einzuleiten. Für eine patientengerechte ambulante Behandlung  braucht es eine leistungsorientierte Bezahlung.

Auch der der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) sieht dieses Ergebnis kritisch: „Mit der nun vereinbarten Honorar-Erhöhung von 1,52 Prozent wird das nicht gelingen, sie deckt nicht einmal ansatzweise die gestiegenen Praxiskosten und insbesondere die Personalkosten. Wir verlieren also. Angesichts dieser Tatsache fragen wir uns, wo die im Koalitionsvertrag hervorgehobene Stärkung der sprechenden Medizin bleibt. Vor allem auch, wie wir die steigende Zahl unserer chronisch kranken Kinder und Jugendlichen versorgen sollen.
Bereits heute werden viele unserer Leistungen nicht vergütet.“ und weiter: „Die Kinder- und Jugendmedizin droht auszubluten.“

Im Hinblick auf die dringend benötigte Nachwuchsgewinnung niedergelassener Ärzte, vor allem im ländlichen Raum, ist diese Entscheidung der „Honorarsteigerung“ wirklich ein schlechter Witz. Der Beruf des niedergelassenen Arztes soll attraktiver werden, damit er mit Fachkräften wieder gestärkt werden kann. Aber was passiert: Ärzte werden weiter geschwächt, ausgebootet und nicht leistungsbezogen honoriert. Eine Schande für unser Gesundheitssystem! Eine Schande für unser Land!