Deutschlands Rolle bei autonomen Waffensystemen

Am 06. November 2019 fand eine öffentliche Anhörung des Unterausschusses Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung des Auswertigen Ausschusses des Deutschen Bundestages statt.

Das Thema war die aktuelle Entwicklungen und die Rolle Deutschlands im Kontext internationaler Bemühungen zur Prohibition oder Restriktion letaler autonomer Waffensysteme (LAWS). Vorbereitung auf die jährliche Staatenkonferenz der CCW (Convention on Certain Conventional Weapons) im November 2019

Vom Vorsitzenden des Unterausschuss, Matthias Höhn (SPD), wurden die Sachverständigen Jürgen Altmann (Technische Universität Dortmund), Dr. Christian Mölling (Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik), Dr. Frank Sauer (Universität der Bundeswehr München) sowie die Vertreter der Stiftung Wissenschaft und Politik, Dr. Reinhard Grünwald, Dr. Dickow und Frau Anja Dahlmann geladen.

Anwesend waren die Stimmberechtigten Mitglieder des Ausschusses der Parteien des Bundestages ( bis auf die SPD) und ca. 50 – 70 Interessierte meist junge Leute.

Zunächst gaben die Sachverständigen einen Überblick über den Stand des internationalen Prozesses der Vereinten Nationen zum Verbot der LAWS, der seit 2013/14 bei der Waffenkonvention in Genf diskutiert wird. 

Die Suche nach einer Antwort auf die Frage, ob man autonome Waffensysteme befürworten oder verbieten soll, wirft eine Reihe von Fragen in Bezug auf die Einhaltung des Kriegsvölkerrechtes sowie moralische, rechtliche, rechenschaftspflichtige, technologische und sicherheitstechnische Bedenken auf. 

Die Sachverständigen bestätigten, dass die Sitzung des CCW im August 2019 zu einem Abschlussbericht geführt hatte, über den die hohen Vertragsparteien im November 2019 entscheiden wollen. Aus dem Bericht ging der Vorschlag hervor, dass es 2020 und 2021 weitere Verhandlungen (20-30) um die Diskussionen über autonome waffenbezogene Fragen geben soll und die Formulierung darüber, wie Staaten mit den Ergebnissen dieser Treffen in den nächsten zwei Jahren umgehen könnten.

In den Ausführungen der Sachverständigen wurde die politische Bedeutung der Diskussionen innerhalb der CCW begrüßt, gleichzeitig aber ihre tatsächliche Umsetzung zum gegenwärtigen Zeitpunkt in Frage gestellt bzw. die Erfolgsaussichten bezweifelt (Dr. Mölling). 

Dr. Altmann hob die Einstimmigkeit des Prozesses hervor. 

Dr. Sauer verwies darauf, dass in den weltweiten Streitkräften schon länger Technologien aus dem Feld der Künstlichen Intelligenz (KI) für die militärische Nutzung adaptiert werden. Besonders in den Bereichen wie Logistik und vorausschauende Wartung, ebenso wie die Einsatzunterstützung und –führung oder die Analyse großer Datenbestände zur Krisenfrüherkennung. 

Dr. Altmann veranschaulichte dies mit seinen Ausführungen zum gegenwärtigen Einsatz von Drohnen im mittleren Osten und Afrika durch die USA und Großbritannien. Bei diesen Tötungsaktionen braucht man keine AWS. Diese Waffen sollen für den Kampf ebenbürtiger Gegner entwickelt werden.

Was versteht man unter letale autonome Waffensysteme „LAWS“

Dr. Sauer favorisierte den Begriff der Autonomie der Waffensysteme. Die internationale Fachwelt hat in der Diskussion eine funktionale Definition von Autonomie etabliert. Nicht zuletzt weil die USA und das Internationale Rote Kreuz (IKRK) sich diese Definition zu Eigen machen. Danach sind Waffensysteme „vollautonom“, wenn sie nach ihrer Aktivierung den gesamten Prozess der Zielbekämpfung (targeting cycle) ohne menschliche Kontrolle durchlaufen.

Targeting cycle – find, fix, track, select, engage und asses – deutsch Finden, Fixiieren und Verfolgen ist der erste Teil des Zyklos der heute bereits autonom abläuft. Die Funktionen der Auswahl und Bekämpfung von Zielen sind die kritischen Funktionen, die im Mittelpunkt der Diskussion über autonome Waffen stehen.

Es gibt keine trennscharfe Abgrenzung zwischen Automatik und Autonomie.

Die Frage nach der Stellung des Menschen im targeting cycle und die daraus ableitbaren Fragen wurden durch die Vertreter der Stiftung Wissenschaft und Politik anschlich erläutert.

Worin besteht für Deutschland national und international Handlungsbedarf?

In den Ausführungen von Dr. Altmann wurde deutlich, dass sich Deutschland widersprüchlich verhält. Im Genfer Expertentreffen im Rahmen des VN-Waffenübereinkommens hat sich eine wachsende Zahl von Staaten für ein rechtlich verbindliches Verbot von „LAWS“ ausgesprochen. Die wichtigen Militärstaaten sind nicht dabei. Österreich ist der einzige EU-Staat, der für ein Verbot ist. Deutschland ist bisher nicht für ein Verbot eingetreten, eher für verbesserte nationale Überprüfungen von LAWS auf Völkerrechtskonformität oder für eine politische Erklärung, die menschliche Verantwortung und Steuerung bekräftigen würde.

Außenminister Heiko Maas forderte auf der VN-Generalversammlung im Mai 2018 die Ächtung von Autonomen Waffensystemen ohne diese Initiative mit konkreten Schritten zu untermauern.

Bereits in den Koalitionsverträgen 2013 und 2018 der Altparteien CDU, CSU und SPD hat man sich für die Ächtung der LAWS ausgesprochen. Die dabei zugrunde liegende Definition von LAWS durch das Bundesministerium für Verteidigung ist unzureichend und berücksichtigt nicht die internationale Entwicklung. 

Dr. Sauer führte aus das dringender Handlungsbedarf insbesondere im Blick auf ein nationales Regelwerk (Leitlinienkonzept für die Bundeswehr) besteht, welches sich auch positiv auf die Rolle Deutschlands im VN-Kontext auswirken würde.

Seit 2014 sind die Positionen in Bezug auf LAWS in der Bundeswehr veraltet und haben sich bis heute nicht gemäß Positionspapier des Heeres verändert. Die darin gemachten Aussagen sind mit den technischen Realitäten unvereinbar und gehen immer noch von dem Versuch aus, zwischen autonom und automatisch zu unterscheiden sowie der Vorstellung, dass Waffensysteme Situationen „beurteilen“ und „handeln“ können. 

Auf meine Frage an Herrn Dr. Sauer, wie er aus seiner Sicht beurteilt, wann die Bundeswehrführung der internationalen Entwicklung im Hinblick auf internationale Entwicklung ihre Position zu AWS ändern bzw. anpassen wird, antwortet er, „das hängt von der Politik, den politischen Entscheidungsträgern ab„.

Die AfD steht, im Bezug auf die Verteidigungsbereitschaft für Streitkräfte, deren Führung, Stärke und Ausrüstung an den Herausforderungen künftiger Konflikte orientiert sind und höchsten international Standards entsprechen, auf dem Standpunkt, das Grundrecht auf Verteidigung zu wahren, die Rüstungskontrolle zu etablieren und der technischen Entwicklung Rechnung zu tragen.

Wie Dr. Mölling ausführte sind die Grünen und die Linken für ein absolutes Verbot von LAWS.

Dr. Dickow zeigte in seinen Statement Schritte auf, in denen bereits im technologischen Prozess Aspekte der human controll berücksichtigt werden können und müssen.

Auf meine Frage, ob ein wirksames AWS-Verbot ohne vorheriges Wettrüsten durchgesetzt werden kann, hat Dr. Altman aufgrund der bisherigen Erfahrungen dies nicht ausgeschlossen. Es muss zu einem Umdenken in den USA und Russland führen. China hat sich für ein Verbot zum Einsatz von LAWS entschieden, nicht aber für die Forschung und Entwicklung.

In Moskau fand vom 07.11. – 09.11.2019 die Nichtverbreitungskonferenz – Kernenergie, Abrüstung, Nichtverbreitung – statt an der 250 Teilnehmer aus 40 Ländern teilnahmen. Der Außenminister Russlands, Sergei Wiktorowitsch Lawrow, wies in seiner Eröffnungsrede auf die vielfältigen Schwierigkeiten in Vorbereitung der im Mai 2020 anstehenden Verlängerung des Vertrages über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (VVN) hin.