Podiumsdiskussion zum Thema: Qualität in der Hilfsmittel- und Homecare-Versorgung; Bewertung der aktuellen Entwicklung
Am 26.11.2019 fand im Rahmen des 6. Home-Care-Kongresses eine Podiumsdiskussion zum Thema „Qualität in der Hilfsmittel- und Homecare-Versorgung; Bewertung der aktuellen Entwicklung“ statt. Teilnehmer waren neben Dr. Robby Schlund (AfD) auch Dr. Roy Kühne (CDU/CSU), Martina Stamm-Fibich (SPD), Dr. Wieland Schinnenburg (FDP), Pia Zimmermann (Die Linke) sowie Maria Klein-Schmeink (Bündnis90/Die Grünen). Moderiert wurde die Diskussionsrunde vom Geschäftsführer des Bundesverbandes Medizintechnologie (BVMed) Dr. Marc-Pierre Möll.

Diskussionsschwerpunkte waren u.a. die Auswirkungen der Digitalisierung auf die ambulante Versorgung mit Hilfsmitteln und Verbandmitteln sowie eRezept und die Auswirkung der Versorgungsprozesse. Außerdem wurde über Kriterien und Instrumentarien für Qualitative Hilfsmittel- und Homecareversorgung sowie mittelfristige Herausforderungen bei der Abwicklung der Hilfsmittelversorgung debattiert.
Mit Einführung des Gesetzes zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (HHVG) wurde die Hilfsmittelversorgung der in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten lediglich marginal verbessert. Um die Rechte der Versicherten zu stärken, sind die Kassen seit dem Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz (HHVG) vom April 2017 angehalten, ihren Mitgliedern zusätzliche Hilfsmittel mit höherer Produktqualität zu erstatten. Anlass für das Gesetz hatten Missstände in der Hilfsmittelversorgung gegeben.
Heilmittel sind medizinische Behandlungen, die von Vertragsärzten verordnet und von speziell ausgebildeten Therapeuten erbracht werden, wie Anwendungen der Physio- und Ergotherapie oder Logopädie. Hilfsmittel sind (technische) Gegenstände, mit denen gesundheitliche Defizite ausgeglichen werden sollen, wie Prothesen, Rollstuhl oder Katheder.
Insbesondere minderwertige Inkontinenzprodukte waren in die Kritik geraten. In diesem Zusammenhang hatte auch der GKV-Spitzenverband sein Hilfsmittelverzeichnis aktualisiert, um die Produktliste an medizinische und technische Entwicklungen anzupassen. Im Zuge des HHVG müssen auch Leistungserbringer, die mit den Kassen einen Versorgungsvertrag haben, Patienten über ihren Versorgungsanspruch informieren – bevor sie Alternativen anbieten dürfen. Entscheidet sich der Versicherte für die zusätzliche Leistung, muss die Kasse über die dafür entstandenen Mehrkosten informiert werden. Außerdem ist im HHVG geregelt, dass spätestens alle fünf Jahre das Hilfsmittelverzeichnis auf den neusten Stand gebracht werden muss.
Die Reform soll mehr Qualität und Transparenz in den Markt der Heil- und Hilfsmittelversorgung bringen. Aber sie bringt auch viele Kritikpunkte mit sich.
„Durch die gesetzlich geschaffenen Wahlmöglichkeiten des Patienten zwischen den von der Krankenkassen übernommenen Hilfsmitteln und Alternativprodukten, sind die Leistungsanbieter, hier die Sanitätshäuser verpflichtet, die Produkte in allen Größen auf Lager zu haben. Das erfordert zusätzliche Lagerkapazitäten und somit ein Anstieg der Ausgaben für den Hilfsmittelerbringer. Den Mehraufwand und die Mehrkosten tragen die kleinen und mittleren Unternehmen.“, so Dr. Robby Schlund. „Ein weiterer nicht zu verachtender Aspekt sind die zusätzlichen Beratungen der Versicherten durch die Krankenkassen und die Leistungsanbieter, denn diese müssen schriftlich dokumentieren werden. Es besteht ein zusätzlicher Dokumentationsaufwand. Es muss endlich eine Entbürokratisierung erfolgen und nicht umgedreht. Von einer Entlastung kann hier keine Rede sein.“, so Schlund weiter.
Die Podiumsdiskussion hat gezeigt, dass die Homecare- und Hilfsmittelversorgung wenig innovativ ist und kostenintensive Verfahrensweisen beinhaltet. Die europäische Medizin-Produkteverordnung setzt die Betreiber von Medizinprodukten unter starken Druck, denn Hersteller müssten lange Wartezeiten in Kauf nehmen, bevor sie die notwendigen Zertifizierungen erlangen, um innovative Produkte in Verkehr bringen zu können.
„Aus Sicht der Patienten ist die Hilfsmittelversorgung intransparent und zu wenig innovativ. Prinzipiell muss eine Trennung zwischen dem Produkt und der Dienstleistung erfolgen, wobei regionale Besonderheiten und der Individualfaktor im Vordergrund stehen. Deutschland wird für die Herstellerfirmen immer unattraktiver. Neue Versorgungsformen bekommen nur schwer Zugang zur Leistungserbringung durch Vertragsschluss mit den GKV`en. Hersteller müssen langwierige Verfahren zu den Produkteigenschaften durchlaufen und haben kaum Möglichkeiten die Zuordnung zu Produktgruppen zu beeinflussen. Es müssen vereinfachte Zulassungsverfahren, ähnlich wie bei der Gesundheits-App besonders bei den Produkten der Klassen I und IIa eingeführt werden.“ zieht Dr. Robby Schlund sein Fazit aus der Podiumsdiskussion.