Mit der coronabedingten Schließung unserer Kindertagesstätten im Land sind die Voraussetzungen für eine gesunde körperliche und psychosoziale Entwicklung unserer Kinder gefährdet, dass sieht auch die Thüringer Landesärztekammer. Die Belastung für die Kinder und die Eltern, besonders in sozialschwachen Familien sind enorm. Bildungsrückstand, Vernachlässigungen und eine enorme Zunahme von häuslicher Gewalt sind die Folgen. Die Öffnung der Kindergärten begrüße ich deshalb umso mehr, denn Kinder haben ein Recht auf Bildung und sehnen sich nach Freunden und kindgerechtem Lernen und Spielen. Der Umgang mit anderen Kindern, knüpfen von Freundschaften und gemeinsame Abenteuer erleben sind nicht nur pädagogisch wertvoll, sondern für die Entwicklung eines jeden einzelnen Kindes wichtig.
Die aktuell in den Einrichtungen geltenden Hygieneregeln müssen prinzipiell immer durchgeführt werden, unabhängig von COVID-19. Denn ausgiebig und regelmäßig Händewaschen hält viele Viren, Bakterien und Krankheitskeime fern und dass kann wirklich jedes Kind.
Übertrieben hingegen sind die seit ein paar Tagen bestehenden täglichen Routineuntersuchungen beim morgendlichen Eintritt in den Kindergarten. Dort warten hinter Mundschutz verunsicherte Erzieherinnen, die den Kindern Fiebermessen, nach Husten, Schnupfen, Durchfallerkrankungen fragen und alles tagtäglich dokumentieren müssen. Und auf der anderen Seite sieht man die Kinder, die die Welt nicht mehr verstehen – eine Kindergartenwelt in der nichts mehr ist wie es ist. Mama darf sie nicht mehr zur Garderobe bringen, kein wildes herumtollen im Gebäude, kein Spielen mit den besten Freunden und keine gemeinsame Ausflüge mit allen Kindergartenkindern. Und das, obwohl Kinder nach Meinung vieler Wissenschaftler viel seltener an Covid-19 erkranken, als Erwachsene. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Studie aus Island. Demnach stecken Kinder sich wesentlich seltener an als Erwachsene. In Island war das Coronavirus bislang bei keinem Mädchen oder Jungen unter zehn Jahren nachgewiesen worden. Auch eine Studie aus den Niederlanden ergab, dass Kinder sich seltener mit Sars-CoV-2 infizieren. Dort hatte man in Hausarztpraxen Familien untersucht, in denen ein Mitglied Sars-CoV-2-positiv war – mit dem Ergebnis, dass kein Kind sich angesteckt hatte.
Warum tun wir unseren Kindern das an? Warum wird den Kleinen der vor 8 Wochen noch normale Alltag nicht endlich wieder zurückgegeben? Die abrupte Schließung der Einrichtungen und wochenlange Kontaktsperre zu Freunden und Erziehern bedeutet einen unverstandenen und ggf. traumatischen Verlust von wichtigen Bindungspersonen.
Anstatt die Kinder zu verunsichern müssen wir sie ermutigen und die einfachen Hygieneregeln in den Tagesablauf einbauen. Spielerisches Händewaschen mit Wasser und Seife wird dann zum Abenteuer und somit zur Regelmäßigkeit. Wir, die Erwachsenen, haben die Verantwortung, sie vor Gefahren zu schützen, aber auch sie aufs Leben vorzubereiten und vor allem sie nicht zu verängstigen oder Ihrer Kindheit zu berauben.