Seit einigen Tagen häufen sich die Negativmeldungen über den Corona-Impfstoff von AstraZeneca. In Europa sind 30 Fälle von Gerinnungsstörungen nach einer AstraZeneca-Impfung bekannt. Im mehreren Ländern wird er deshalb vorläufig nicht mehr verabreicht.
Nun setzt auch Deutschland Corona-Impfungen mit dem Präparat des Herstellers Astrazeneca vorsorglich aus. Das teilte das Bundesgesundheitsministerium am Montag mit und verwies auf eine aktuelle Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts.
Demnach hält das Institut nach neuen Meldungen von Thrombosen der Hirnvenen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung in Deutschland und Europa weitere Untersuchungen für notwendig. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA werde entscheiden, „ob und wie sich die neuen Erkenntnisse auf die Zulassung des Impfstoffes auswirken“.
Was sind die Probleme mit dem AstraZeneca-Impfstoff?
Vor einer Woche hatte Österreich nach einem Todes- und einem Krankheitsfall Impfungen mit einer Charge des Astrazeneca-Impfstoffs vorsichtshalber gestoppt. Nach Angaben des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) starb eine 49-jährige Frau an den Folgen schwerer Gerinnungsstörungen nach der Verabreichung des Vakzins; eine 35-jährige Frau habe eine Lungenembolie erlitten, hieß es. In Norwegen wurden bei mehreren Geimpften schwere Fälle von Blutgerinnseln diagnostiziert.
Auch die Niederlande haben den Einsatz des vom Pharmakonzern AstraZeneca entwickelten Corona-Impfstoffs wegen Bedenken über Blutgerinnungsstörungen für zwei Wochen ausgesetzt. Dies geht aus einer Erklärung der Regierung hervor. Demnach hat die niederländische Arzneimittelbehörde aus Vorsicht empfohlen, AstraZeneca-Impfungen vorläufig auszusetzen, bis weitere Informationen zu der Untersuchung eintreffen würden.
Am Freitag hatte die italienische Arzneimittelbehörde Aifa die Verabreichung einer Charge von AstraZeneca gestoppt, nachdem ein Soldat auf Sizilien gestorben war. In der Region Piemont sei eine Lehrkraft nach einer Impfung verstorben. Man handle aus „extremer Vorsicht“, bis man herausfinde, ob die Impfung mit dem Tod in Verbindung stehe, sagte der Gesundheitsbeauftragte der norditalienischen Region, Luigi Genesio Icardi, laut einer Mitteilung vom Sonntag.
Die Behörden in allen betroffenen Staaten erklärten aber zur gleichen Zeit, dass noch kein Zusammenhang zwischen Impfung und Gerinnseln bewiesen sei.
Diese Länder haben bereits einen Impfstopp verfügt
Dänemark stoppte Ende letzter Woche als Reaktion auf die Vorfälle in Norwegen die Impfungen mit AstraZeneca für vierzehn Tage. Die Behörden betonten aber, es sei kein Kausalzusammenhang zwischen der Impfung und den Gerinnseln bewiesen. Österreich und Island hörten mit der Verabreichung des Impfstoffs vorläufig ebenfalls auf. In Irland hat sich die dortige Impfkommission am Sonntag (14. 3.) für einen vorübergehenden Impfstopp ausgesprochen. Am gleichen Tag folgten die Niederlande. Dies geschehe auf der Grundlage «neuer Informationen», erklärte der niederländische Gesundheitsminister. Neue Fälle seien aber im eigenen Land nicht aufgetreten. Auch in den Niederlanden gilt der Impfstopp für zunächst zwei Wochen.
Hier wird weiter geimpft
Großbritannien setzt die Impfungen mit AstraZeneca noch fort. Die britische Zulassungsbehörde erklärte, es seien bisher 11 Millionen Briten mit AstraZeneca geimpft worden. Bei den Geimpften habe man «statistisch nicht mehr Fälle» von Blutgerinnseln festgestellt, als in der Bevölkerung sonst auch auftreten.
Was sagt AstraZeneca zu den Vorfälle?
Am Sonntag (14. 3.) hat AstraZeneca nach einer Analyse von Impfdaten erneut Sorgen über die Sicherheit seines Impfstoffs zurückgewiesen. Eine Analyse der Sicherheitsdaten von mehr als 17 Millionen Geimpften in der EU und Grossbritannien habe keine Belege für ein höheres Risiko von Lungenembolien, tiefen Venenthrombosen oder einer niedrigen Anzahl von Blutplättchen geliefert, erklärte das schwedisch-britische Pharmaunternehmen. Die bisher gemeldeten 30 Thrombosefälle bei knapp 5 Millionen geimpften Personen in Europa stellten keine signifikante Häufung gegenüber dem Vorkommen in der Gesamtbevölkerung dar.
Doch es gab schon früher Bedenken gegen den AstraZeneca-Impfstoff.
Zu Beginn der Corona-Impfkampagne gab es wegen fehlender Daten noch keine verlässlichen Informationen über die Schutzwirkung des Impfstoffs bei über 65-Jährigen. Deshalb wurden Zweifel laut. Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron etwa äußerte solche öffentlich, nahm sie jedoch später wieder zurück.
Erinnerungen an die Schweinegrippe
Derzeit bleibe es aber bei der Linie der Bundesregierung, den Impfstoff weiterzuverwenden, der von der europäischen Arzneimittelbehörde Ema als sicher eingestuft worden sei, sagte der Sprecher. Bislang sein kein ursächlicher Zusammenhang zwischen Impfung und Erkrankung nachgewiesen… bisher.
Ein Blick in die Vergangenheit mahnt jedoch zur Vorsicht. Im Jahr 2009 war die Nachfrage nach einer Impfung gegen die Schweinegrippe sehr groß. Auch damals wurden im Eiltempo Vakzinen entwickelt. In Schweden häuften sich in den darauffolgenden Jahren Fälle von Narkolepsie, einer Art Schlafkrankheit. Offenbar erhöhte der Schweinegrippe-Impfstoff Pandemrix das Risiko, daran zu erkranken – mit schlimmen Folgen. Hunderte Kinder und Jugendliche erkrankten damals unheilbar an Narkolepsie.
Quellen: